ÖMT-Herbsttagung 2015

Der Vorstand des ÖMT - Verband Österreichischer Museums- und Touristikbahnen lud von 12. bis 15. November 2015 zur diesjährigen Herbsttagung nach Meiningen, die bekannte Kulturstadt an der Werra in Südthüringen, ein. Als Gastgeber firmierte die DB-Fahrzeuginstandhaltung GmbH - Dampflokwerk Meiningen. An die 60 Repräsentanten von 21 ÖMT-Mitgliedern und Kooperationspartnern folgten der Einladung um sich in interessanten Fachvorträgen und einem intensiven Erfahrungsaustausch über die unterschiedlichen Arbeitsgebiete der Dampflok- und Wageninstandhaltung zu informieren.

Mit dem 1914 eröffneten Dampflokwerk Meiningen verfügt die DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH über das letzte große Instandsetzungswerk für Dampflokomotiven in Westeuropa. Bildete bis zum Ende der 1970er-Jahre die Instandsetzung von Dampflokomotiven das Hauptaufgabengebiet, so wandelte sich mit dem Traktionswechsel bei den Streckenlokomotiven auch das Leistungsspektrum des ehemaligen Reichsbahn Ausbesserungswerkes. Schneeräumtechnik, Güterwageninstandsetzung und der Neubau von Dampfspeicherlokomotiven für Industriebetriebe sowie von Drehgestellen für Triebzüge füllten die Auftragsbücher. Auch nach der Wende bildete ab dem Jahre 1994, durch die Zusammenlegung der Ressourcen von Reichsbahn und Bundesbahn zur Deutschen Bahn AG, die Instandhaltung von Dampflokomotiven stets einen wichtigen Bereich. In den letzten 20 Jahren hat sich das Werk zu einem Kompetenzzentrum für historische Schienenfahrzeuge aller Art entwickelt. Zum Kundenstock zählen Betreiber historischer Bahnen in ganz Europa, die das Fachwissen von gut 120 Bediensteten des Werkes zu schätzen wissen und dieses auch für Vorort-Einsätze, als mobile Einsatztruppe, gerne nutzen.

Die Deutsche Bahn AG, als Mutterkonzern, gab anlässlich der 100-Jahrfeier im Jahre 2014 ein klares Bekenntnis zum Fortbestand des Dampflokwerks als Kompetenzzentrum für historische Schienenfahrzeugtechnik ab. Dies erfordert jedoch eine Grundauslastung, die nur durch ein breites Dienstleistungsspektrum erreicht werden kann. Neben Dampflokomotiven und deren Einzelkomponenten bilden Waggons, Sonderfahrzeuge der Schneeräumtechnik und Eisenbahndrehkräne ein weiteres Betätigungsfeld. Der Standort ist auch als wichtiger Arbeitgeber der Region und Motor des Tourismus bedeutsam, besuchen doch bei den alljährlich im Spätsommer stattfindenden Dampfloktagen etwa 15.000 Besucher die Stadt Meiningen. Auch die angebotenen Werksführungen ziehen zahlreiche Touristen an.

Blick in die große Montagehalle Die Mh 4 der NÖVOG bei der Komplettierung.

Bei der fachspezifischen Führung durch die einzelnen Abteilungen des Werks konnten sich die Teilnehmer im laufenden Alltagsbetrieb einen Überblick über die breite Produktpalette, den vorhandenen Maschinenpark und dessen Bearbeitungsmöglichkeiten, sowie die erfreulich gute Werksauslastung verschaffen. Darüber hinaus wurden, mit der in Fertigstellung befindlichen Mh4 der NÖVOG und der 01 533 der ÖGEG, auch zwei Exemplare österreichischer Kunden angetroffen. Im Anschluss fand unter dem Motto „Dampflokinstandhaltung im 21. Jahrhundert, ein aussterbendes Handwerk?" ein Workshop mit Beiträgen aus ÖMT-Mitgliedsorganisationen und Spezialisten der Fachabteilungen des DLW statt.

Im Vortragsprogramm, dessen Inhalte diesmal auf Grund des Veranstaltungsortes eher der Technik gewidmet waren, erfuhren folgende Themen eingehende Behandlung:

  • GKB 671 - Die älteste betriebsfähige Dampflok Europas

  • Die Aufarbeitung der 52.100

  • Die Wiederinbetriebnahme der Schmalspur-Schnellzug-Dampflok B.H.St.B 169 / JZ 73.019

  • Dampf auf extremer Schmalspur - 90 Jahre Martens‘sche Einheits-Liliputlok

  • Moderne Ölfeuerungen im Museumsbahn-Dampfbetrieb - Chancen und Herausforderungen

  • Die 629.01 in Meiningen, eine Rückschau ins Jahr 1997

  • Die Renovierung und Wiederinbetriebnahme der 1010.02

  • Die gemeinnützige GmbH für Museumsbahnen - Segen oder Fluch ?

  • Die Museumsbahn nach Eisenbahngesetz

  • Die Steuerreform 2016, Bundesabgabenordnung und Barumsatzverordnung
    Erfordert die Registrierkassenpflicht die elektronische Fahrkartenausgabe bei Museumsbahnen ?

Darüber hinaus vollzogen sich die Plenarsitzung des ÖMT-Arbeitskreises Österreichischer Eisenbahnkultur-Preis und aktuelle Berichte aus den ÖMT-Mitgliedsorganisationen.

Die Schmalspurlok der Mecklenburgischen Bäderbahn Molli GmbH. Die beim Brand in Nürnberg-Gostenhof stark beschädigte 175 059 erfuhr eine äußere Instandsetzung.

Nach dem Ende des Vortragsprogramms erfolgte die Fahrt mit einem Dampfsonderzug, geführt von der 50 3501, „Werklok" des Meininger Dampflokwerks, mit drei vierachsigen Reisezugwagen, über den Rennsteig nach Arnstadt zur Besichtigung des historischen Bahnbetriebswerks. Die 50 3501 stellt eine Besonderheit dar, denn mit ihr wurde im Jahre 1957 das umfangreiche und überaus erfolgreiche Rekonstruktionsprogramm der damaligen Deutschen Reichsbahn der DDR eingeläutet. Gegen Ende des Dampfbetriebes im Planbetrieb entbehrlich, kam sie am 17. Dezember 1986 ins RAW „Helmut Scholz" Meiningen. Dort erhielt sie eine Fristausbesserung und wurde umgebaut, um als Werkslokomotive des RAW für das Neubauprogramm von Dampfspeicherlokomotiven zum Aufdampfen und zur Durchführung der Probefahrten eingesetzt zu werden. Eigens dafür wurde der Mischvorwärmer ausgebaut, eine zweite Strahlpumpe installiert und ein Rohrstutzen an der rechten Einströmung für betriebliche Heizzwecke angeordnet. In diesem Zustand wurde die Lok einige Jahre verwendet und bekam erst mehrere Jahre später bei einer Kesselrevision wieder einen Vorwärmer eingebaut, da sie seit geraumer Zeit wieder vorwiegend bei Sonderfahrten im Streckendienst unterwegs war; interessanterweise jedoch keinen Mischvorwärmer wie es für die Reko-Loks der DR typisch ist, sondern einen Oberflächenvorwärmer der Bauart Knorr, wie sie ihn vor der Rekonstruktion besaß. Im Dezember 2007 vollzog sich eine weitere Veränderung der Maschine als die kleinen Windleitbleche der Bauart „Witte" durch große „Wagner"-Windleitbleche ersetzt wurden. Vom Rekokessel mit dem zugehörigen Aschkasten der Bauart „Stühren", sowie den silberfarbenen Rangiergriffen an der vorderen Pufferbohle abgesehen, entspricht das Erscheinungsbild der Lokomotive damit weitgehend dem einer Altbau-50er aus früheren Zeiten. Zu Überführungsfahrten des Dampflokwerkes, zu repräsentativen Zwecken und nicht zuletzt natürlich bei den Sonderfahrten des Meininger Dampflok Vereins e.V. verrichtet sie zuverlässig ihren Dienst. Vom guten Zustand der Maschine konnte man sich bei der Bergfahrt über den Rennsteig nach Oberhof überzeugen, bestachen doch der überaus gleichmäßige Auspuffschlag, starkes Beschleunigungsvermögen und der ruhige Lauf.

Der Dampfsonderzug mit der 50 3501 vor der Abfahrt im Bahnhof Meiningen. Das Bw Arnstadt vermittelt in der Dunkelheit das Flair vergangener Zeiten.

Bereits in der Dämmerung erfolgte die Einfahrt in das im ehemaligen Bahnbetriebswerk Arnstadt untergebrachte Eisenbahnmuseum. Der Grundstein dafür wurde bereits 1992 gelegt, als die DR alle Thüringer Museums-Dampflokomotiven im Bw Arnstadt konzentrierte. Im Jahre 1994 verlor das Bahnbetriebswerk jedoch seine Eigenständigkeit und beherbergte ab 1996 nur noch die Museumslokomotiven, welche inzwischen dem DB Museum Nürnberg zugeteilt waren. Seit dem Jahre 2001 gab es keine betriebsfähige Museumslok mehr im Bw Arnstadt und das Museum befasst sich seitdem in erster Linie mit der Ausstellung und Präsentation der Fahrzeuge sowie dem Erhalt des Bw Arnstadts als historische Anlage der Eisenbahngeschichte. Unter fachkundiger Führung folgte die Besichtigung der repräsentativen Sammlung von Dampf- und Diesellokomotiven sowie der wuchtigen E 95 als Vertreterin der Elektrotraktion. Obwohl nicht mehr betriebsfähig bestachen die Lokomotiven durch ihr gepflegtes Erscheinungsbild, so als ob sie zu nächtlicher Stunde lediglich auf ihren Einsatz am nächsten Tag warteten.


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