ÖMT-Herbsttagung 2007

Der ÖMT - Verband Österreichischer Museums- und Touristikbahnen hielt seine diesjährige Herbsttagung von 2. bis 4. November 2007 auf dem Ritten in Südtirol ab. Gastgeber war das Rittnerbahn-Komitee , jene Vereinigung welche die Rittnerbahn bereits mehrfach vor einem Ende bewahrt hat. 17 Mitgliedsorganisationen und Kooperationspartner folgten der Einladung und entsandten ihre Repräsentanten in diese geschichtsträchtige Region des Alpenraumes, die autonome Provinz Südtirol im äußersten Norden Italiens.

     Blick von Maria Himmelfahrt über den herbstlichen Ritten gegen Schlern und Rosengarten.
Foto: Ing. Harald Baminger

Das oberhalb Bozens auf über 1100 Meter Seehöhe gelegene Hochplateau kann bereits auf eine über 350 jährige Geschichte als Sommerfrischeort zurückblicken und wurde 1907 durch den Bau der Rittnerbahn auch schienenverkehrsmäßig erschlossen. Diese elektrisch betriebene Lokalbahn führte ursprünglich vom Bozener Stadtzentrum ähnlich einer Straßenbahn zum Rittnerbahnhof, von dort als Zahnradbahn nach Maria Himmelfahrt und weiter im Reibungsbetrieb über Oberbozen, Wolfsgruben und Lichtenstern nach Klobenstein. Nach dem Bau einer Seilbahn zwischen Bozen und Oberbozen im Jahre 1966 wurde die Stadtstrecke in Bozen und die Zahnradbahn eingestellt. Der Betrieb beschränkt sich seither auf das verbliebene etwa 7 Kilometer lange Reststück zwischen Maria Himmelfahrt und Klobenstein. In den 1970er-Jahren durch sträfliche Vernachlässigung abgewirtschaftet und akut einstellungsgefährdet, trat das Rittnerbahn-Komitee eine beratende Einrichtung der Gemeinde Ritten, auf den Plan um den weiteren Erhalt der Bahn zu sichern. Nach der Sanierung der Strecke in den 1980er-Jahren und der Indienststellung eines leistungsfähigen Triebwagens der 1978 eingestellten Überlandstraßenbahn END - Esslingen - Nellingen - Denkendorf im Jahre 1992, stellt die Rittnerbahn heute ein Nahverkehrsmittel mit bedarfsgerechten lokalverkehrs- und touristikbezogenen Angebot dar.

     Die Früh- und Abendkurse der Rittnerbahn verkehren mit dem Triebwagen END 12. Am Morgen des 4. November 2007 wartet er in Klobenstein auf die Abfahrt nach Oberbozen.
Foto: Dipl.-Ing. Gerhard Schumann

Für das Vortragsprogramm stand das Tagungszentrum im „Haus der Familie"  in Lichtenstern, auf 1300 m Seehöhe am Scheitelpunkt der Rittnerbahn gelegen, zur Verfügung. Dieses bot auch die Möglichkeit einer Unterkunft im angeschlossenen Hotel und gemütliche Atmosphäre für Gespräche im Anschluss an das Arbeitsprogramm.

    Alfred Fleissner bei der Eröffnung der ÖMT-Herbsttagung 2007
Foto: Dipl.-Ing. Gerhard Schumann

Nach dem Mittagessen erfolgte die Begrüßung der Teilnehmer durch den Obmann des Rittnerbahn-Komitees Herrn Hans Gamper, der auch die Grüße des SAD-Südtiroler Autobusdienst als, Betreibergesellschaft der Rittnerbahn, überbrachte. Die Eröffnung der Tagung nahm der Verbandsvorsitzende des ÖMT Herr Alfred Fleissner vor, der seine Freude über das große Interesse an dieser Veranstaltung zum Ausdruck brachte. Organisatorische Hinweise zum Tagungsablauf und Rahmenprogramm gab Verbandssekretär Dr. Werner Schiendl, der für die Organisation der ÖMT-Herbsttagung 2007 verantwortlich zeichnete. Deren Themenschwerpunkte bildeten natürlich die Geschichte der Rittnerbahn, die im August dieses Jahres ihr 100-Jahr Jubiläum feiern konnte und die Aufarbeitung, sowie der betriebsfähige Erhalt historischer Schienenverkehrsmittel als technisches Kulturgut.

Herr Mag. Klaus Demar, einer der Autoren des zum Bahnjubiläum erschienenen Buches „Rittnerbahn – Eisenbahn am Berg" gab in seinem Lichtbildervortrag einen Überblick über deren wechselvolle Geschichte in den 100 Jahren ihres Bestandes.

    Der „Alioth", ehemals Nr. 105 der Dermulo-Fondo-Mendel-Bahn, am 2. November 2007 in der Station Lichtenstern.
Foto: Dipl-Ing. Gerhard Schumann

Danach begaben sich die Tagungsteilnehmer auf einen kurzen Fußmarsch zur Haltestelle Lichtenstern um mit dem Planzug im historischen Triebwagen „Alioth" nach Oberbozen, dem betrieblichen Zentrum der Rittnerbahn zu gelangen. In zwei Gruppen erfolgte die Besichtigung der Bahnwerkstätte mit den darin abgestellten Fahrzeugen und der im Bahnhofsgebäude untergebrachten Ausstellung. Ein atemberaubender Sonnenuntergang tauchte Schlern und Rosengarten in ein tiefes Rot, bevor die Rückfahrt nach Lichtenstern im Triebwagen END 12 erfolgte.

    Die erste Gruppe schreitet zur Besichtigung der Werkstätte in Oberbozen. Der Alioth und der Rittnerbahn-Vierachser Nr. 2 warten auf ihre nächsten Einsätze.
Foto: Ing. Harald Baminger

Nach dem Abendessen setzte sich das Vortragsprogramm fort.

Frau Angelika Gasteiner von der Salzburg AG – SLB Kundenservice stellte das Projekt BahnAchse, eine Kooperation von Verkehrsunternehmen, Vereinen und Museen aus Salzburg, Oberösterreich und Bayern vor.

Herr Alfred Fleissner befasste sich in seinem Vortrag „Oberbau und Bahnerhaltung bei Museums- und Touristikbahnen" mit diesem wichtigen Thema. Er gab einen Überblick zu den unterschiedlichen Arten der Oberbaugestaltung, sowie zahlreiche Denkanstöße für die wirtschaftliche Instandhaltung und sichere Betriebsführung und bot seine Hilfestellung bei Problemlösungen an. Als praktisches Beispiel für eine umfassende aber kostengünstige Instandsetzungsmaßnahme diente die im Jahre 2006 begonnene abschnittsweise Sanierung des Oberbaues der Zahnradstrecke der Achenseebahn. Herr Ing. Bernhard Marchi, Direktor der Achenseebahn AG, informierte im Detail über die bereits getroffenen und in den nächsten Jahren noch vorzunehmenden Arbeiten.

Herr Rupert Gansterer präsentierte die in den letzten Monaten vom Arbeitskreis „Museale Erhaltung und Dokumentation", unter reger Beteiligung der Mitgliedsorganisationen, erstellte ÖMT-Empfehlung M701 „Empfehlung zur Erhaltung historischer Schienenverkehrsmittel" vor. Von der Europäischen Föderation der Museums- und Touristikbahnen - FEDECRAIL wurde im Jahre 2005 durch die „Charta von Riga" eine Aufstellung von Grundsätzen verabschiedet, die einen Leitfaden für die Konservierung, Restaurierung, den Unterhalt, die Reparatur und die Nutzung von im Betrieb stehenden historischen Eisenbahnmaterial bilden soll. Der ÖMT hat als nationaler Fachverband, in der vorliegenden Empfehlung, eine Präzisierung dieser Grundsatzüberlegungen erarbeitet. Sie soll ihren Beitrag dazu leisten um die ÖMT-Mitgliedsorganisationen in der oftmals mühsamen Arbeit bei der Instandsetzung, Restaurierung und Rekonstruktion historischer Fahrzeuge zu unterstützen und die Akzeptanz hierfür auch bei Außenstehenden zu fördern.

Den Abschluss des ersten Tages bildete ein Erfahrungsaustausch der Mitgliedsorganisationen mit angeregten Diskussionen in fachspezifischen Gruppen.

Am Beginn des zweiten Tages referierte Rupert Gansterer über die, vom 1. ÖSEK - Erster österreichischer Straßenbahn- und Eisenbahn Klub, durchgeführte Aufarbeitung der Südbahn-Lok 17c 372 aus musealer Sicht und die angestellten Überlegungen zur Erlangung eines authentischen Erscheinungsbildes einer universell auch im Sonderzugsverkehr einsetzbaren Dampflok.

Die Rekonstruktion des Payerbacher Triebwagens 1 aus einem vorhandenen Beiwagen unter Verwendung von Originalteilen des Triebwagens und dem Einbau von zeitgenössischen technischen Komponenten als Ersatz für die nicht mehr existente Ausrüstung hatte Dipl.-Ing. Ronald Durstmüller von der ÖGLB zum Thema.

Nach kurzer Pause stellte Herr Christoph Martin von Tschurtschenthaler die Arbeit des Rittnerbahn-Komitees in den letzten Jahrzehnten vor und vermittelte darüber hinaus tiefe Einblicke in den Kulturkreis der „Rittner" und verkehrspolitische Zusammenhänge in Italien.

    Der Triebwagen 2 in der Haltestelle Maria Himmelfahrt am 3. November 2007.
Foto: Dipl.-Ing. Gerhard Schumann

Im Anschluss an das Mittagessen begaben sich die Teilnehmer über den bereits bekannten Weg zur Haltestelle Lichtenstern um mit dem Planzug im Original Rittner Triebwagen 2 nach Oberbozen zu gelangen. Der während der Wendezeit als Sonderzug weitergeführte Triebwagen brachte die Gruppe nach Maria Himmelfahrt, dem heutigen Endpunkt der Strecke. Nach dem Genuss der Symbiose aus altösterreichischer Eisenbahntechnik und dem fantastischen Anblick von Schlern und Rosengarten inmitten der herrlichen Dolomiten wurde auch dem kulturellen Aspekt Rechnung getragen.

    Die Gruppe lauscht den Ausführungen von Christoph Martin von Tschurtschenthaler und bewundert die prächtigen Schützenscheiben.
Foto: Dipl.-Ing. Gerhard Schumann

Unter fachkundiger Führung von Herrn Christoph Martin von Tschurtschenthaler folgte die Besichtigung des Schützenhauses der Rittner Gilde, sowie der Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt. Nach der Labung im Gasthaus Schluff folgte die Rückfahrt nach Oberbozen im Triebwagen 12 als Sonderzug und von dort im bereits von Vortag bekannten END 12 weiter nach Lichtenstern.

    Zwei Original-Rittner in der Abendsonne im Bahnhof Oberbozen am 3. November 2007. Im Vordergrund der Zweiachser Nr. 12, der im Regelfall als Pendeltriebwagen nach Maria Himmelfahrt ausreicht und dahinter der Vierachser Nr. 2.
Foto: Ing. Harald Baminger

Nach dem Abendessen widmeten sich die Teilnehmer neuerlich dem Vortragsprogramm.

Herr Mag. André Marks vom Verkehrsmuseum Dresden stellte das Projekt des Neubaues eines verloren gegangenen Originals, einer sächsischen I K – Schmalspurdampflokomotive, vor. Dieses ist Ausdruck der Bestrebungen, Sachsens Schmalspurbahnen in einer gesamtsächsischen Lösung mit zukunftsfähigen Projekten und Strukturen auch kommenden Generationen zu erhalten. Neben den historischen und technischen Aspekten schien dabei vor allem das hervorgerufene Echo in der Öffentlichkeit und bei Sponsoren beachtenswert.

Herr Ing. Karl Wasinger vom MLV - Martinsberger Lokalbahnverein beleuchtete die Aufarbeitung der Lok 92.2271 aus technischer Sicht. Er gab einen Überblick über den Arbeitsumfang, sowie monetäre Aufwendungen und teilte die dabei gemachten Erfahrungen mit.

Im Anschluss an die Vorträge wurden, unter der Leitung des Stv. Verbandssekretärs Ing. Harald Baminger, folgende verbandsinterne Themen behandelt:

Er bedankte sich beim Begründer des Rittnerbahn-Komitees, Herrn Christoph Martin von Tschurtschenthaler, für die erwiesene Gastfreundschaft und Unterstützung bei der Organisation des Rahmenprogramms, bei den Referenten für die Bereitschaft zur Erstellung der Fachvorträge und bei den Teilnehmern für das zahlreiche Erscheinen.

Das Fachvortragsprogramm der ÖMT-Herbsttagung wurde vom Verbandsvorsitzenden Herrn Alfred Fleissner mit den besten Wünschen für eine erholsame Winterpause geschlossen. Danach klang der Abend beim gemütlichen Beisammensein aus.

    Gruppenfoto der bis zum Tagungsende ausharrenden Teilnehmer im Bahnhof Klobenstein am 4. November 2007.
Foto: Ing. Harald Baminger

Am Sonntag, den 4. November 2007 führte die Fahrt im END 12 nach Klobenstein. Einige Teilnehmer nutzten die Zeit zum Besuch der berühmten Erdpyramiden oder spazierten über den Wanderweg zurück nach Lichtenstern. Das Gros begab sich zu einer Fahrt im Alioth nach Oberbozen und zurück nach Lichtenstern, ehe nach dem Mittagessen die Heimreise erfolgte.


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